compagnon der Inspiration - Episode 20: Frederik Trovatten

compagnon der Inspiration - Episode 20: Frederik Trovatten

Unser Gast für diese Episode stammt aus Dänemark, ist aber in seinem Leben bereits ziemlich weit herumgekommen. Eine Story, die als Teil eines Startup-Unternehmens in Russland beginnt, über das Treffen mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Umzug nach Mexico City und dem Beginn seiner kreativen Arbeit vor gerade mal drei Jahren. Jetzt gehört sein Name fest zur professionellen Street Photography Szene. Lasst uns gemeinsam mehr über seine mutigen Lebensentscheidungen herausfinden: Frederik Trovatten

compagnon: Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, Frederik. Als Du ein Video mit dem Titel 'Photographer shows you parts of Denmark otherwise unseen' hochgeladen hast, waren wir augenblicklich begeistert. Darin zeigst Du den Zuschauern etwas, das sofort wie das wahre, authentische Dänemark wirkt. Das Wetter war schlecht, hat Dir aber nicht auf die Stimmung geschlagen. Wir hätten daher auch nie erwartet, dass Du nicht mehr in Dänemark lebst. Dein Zuhause ist Mexico City. Wie ist es dazu gekommen?

Frederik Trovatten: "Sehr gern, danke für die Möglichkeit. Wie ich in Mexico gelandet bin ist eine lange Story. Ich habe in Moskau im Digital Marketing für ein App-Startup gearbeitet. Während meiner Zeit dort habe ich eine Kolumbianerin kennengelernt. Sie schlug mir schon bald vor, gemeinsam nach Mexico zu ziehen. Damals wusste ich absolut nichts über Lateinamerika und war auch noch nie dort. Aber warum nicht?! Ich habe dann mit drei Dänen, welche ich dort getroffen habe, einen dänischen Kommunikationsanbieter aufgebaut. Aber in Mexico begann auch meine Leidenschaft für Fotografie. Und jetzt betreibe ich Fotografie und Youtube in Vollzeit."

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compagnon: Das klingt jetzt schon wie ein illustres Leben. Und dabei ist es wirklich beeindruckend, dass Du Deine erste Kamera überhaupt erst vor drei Jahren gekauft hast. Andere Profis wachsen in einem sehr jungen Alter, oder spätestens als Teenager, in die Fotografie hinein. Warum war das bei Dir anders? Welche war Deine erste Kamera?

Frederik Trovatten: "In meiner Jugend habe ich mich selbst nie als künstlerische oder kreative Person gesehen. Ich hatte eigentlich nur Eishockey und Videospiele im Kopf. Und das war's dann auch. Und dann schoss ich dieses besondere Foto für mich. Ich sah ein wirklich herzerwärmendes, älteres Pärchen auf einem Boot in Mexico City. Es fühlte sich fast diebisch an, unbemerkt ein Foto von ihnen zu machen aber dieses Foto war unheimlich faszinierend für mich. Ich starrte es noch die ganze Nacht an und war ab diesem Punkt besessen von Fotografie. Ich war ständig unterwegs um mit meinem iPhone Fotos zu machen. Aber ich wollte gern wissen, was ich mit einer echten Kamera erschaffen könnte. Damals wurde mir die Ricoh GR2 empfohlen und eine solche kaufte ich mir in Mexico auch."

compagnon: War das im Nachhinein die richtige Entscheidung für Deine Passion für Street Photography?

Frederik Trovatten: "Ich hatte davor noch nie eine Kamera besessen und wusste nicht, wie man damit überhaupt umgeht. Ich habe sie auf eine schnelle Verschlusszeit eingestellt und den Rest auf Automatik belassen. Bei meinen ersten Versuchen hatten alle Fotos Bewegungsunschäfe. Ich wollte die Fotos und Bewegungen richtig einfrieren. Ob der ISO dafür ansteigt, war mir eigentlich egal. Aber Kamera-Technik meistert sich nicht mit einem Foto hier und einem Foto da. Und ich wollte vermeiden, dass die Kamera schon bald als Staubfänger auf meinem Regal endet. Also habe ich auf Instagram eine Challenge verkündet. Ich wollte mit dieser Kamera 365 Bilder in diesem Jahr schießen. Jeden Tag neu aus Mexico und jeden Tag für meine Follower hochgeladen."

compagnon: Das klingt wie ein toller Plan, bei dem es nur schwer möglich sein würde, Deine Verpflichtung zu ignorieren oder unter den Teppich zu kehren. Hast Du während dieser Challenge etwas Bestimmtes über Dich gelernt? Kannst Du einen Effekt berichten?

Frederik Trovatten: "Naja, so etwas wirkt Wunder gegen einen Fehler, den scheinbar viele Hobby-Fotografen machen: Nicht genug zu veröffentlichen. Wenn Du jeden Tag eine Art Deadline hast, ergibt sich daraus automatisch eine Struktur und Du arbeitest unweigerlich an Deinen Fähigkeiten und deinem Können, anstelle dich einfach nur auf die pure Passion und deinen (hoffentlich guten) Geschmack zu verlassen. Wenn man es richtig angeht, kommt das Können langsam auch auf das Niveau, auf dem die Passion vorher schon war."

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compagnon: Sagen wir einfach mal dieses Projekt, welches später ja sogar journalistisch veröffentlicht wurde, war eine Option um Dich selbst weiterzubilden. Und außerdem hast Du ja bekanntermaßen einmal behauptet, Du würdest mehr Namen von MMA Kämpfern aufzählen können als von Profi-Fotografen. Heißt das nun, dass Du Dir die Arbeit von anderen Fotografen oder Medienschaffenden nicht ansiehst oder erinnerst Du Dich schlicht nicht an ihre Namen? Denn Deine Passion für Fotografie ist ja nicht zu leugnen...

Frederik Trovatten: "*lacht* Hhhm, naja, ich weiß selbst nicht so genau, ob das nun in Ordnung oder verwerflich ist. Ich bin kein Morgenmensch, ich bleibe oft lange wach und sah eines Nachts ein Interview mit dem Rapper Kendrick Lamar. Er sprach davon, wie er Inspiration von den legendären, großen Rappern bezieht, die es lange vor ihm gab. Man müsse die Geschichte und die Wurzeln einer Kunst kennen, um die Kultur und alles dahinter wirklich zu verstehen. Also sollte ich ein Schüler der Kunstform sein? Bin ich etwa auf dem Holzweg, wenn ich einfach mein Ding mache? Eine wahnsinnig schwere Frage, wie ich finde. Die Fotos die ich heute mache, sind nicht die, die ich auch morgen noch schießen will. Das weiß ich. Ich möchte Dinge in den Fokus rücken, die mit Worten schwer zu erklären wären."

compagnon: Was für ein großartiger Satz. Wodurch wird für Dich ein Motiv schwer zu beschreiben? Mit Blick auf die Fotos, die Du schon geschossen hast, glaubst Du es gibt einen roten Faden, der sich durch Deine Bilder und Veröffentlichungen zieht?

Frederik Trovatten: "Das ist eine wirklich schwierige Frage. Manchmal muss man etwas einfach sehen. Wenn ich etwa zu einem wunderschönen Berg in Norwegen reise und Dir beschreiben möchte, wie dieser Ort aussieht und wirkt, dann reichen meine Worte eben nur bis zu einem gewissen Punkt. Um es wirklich zu verstehen, müsstest Du es selbst sehen. Der Fokus bei mir sind sicherlich die visuellen Geschichten in einem Bild. Und die sind mitunter bestimmt fast unmöglich mit Worten zu erklären."

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compagnon: Du konzentrierst Dich sehr auf Street Photography und dort liegt Deine Kernkompetenz in der Fotografie. Empfindest Du es als besonders schwierig Aufträge und Kundenprojekte in diesem Segment der Fotografie zu bekommen? Zumal Du ja auch gesagt hast, bildschöne Porträt-Shootings auf der Straße sind noch lange keine Street Photography.

Frederik Trovatten: "Tatsächlich kann ich alle Auftragsjobs, die ich je hatte, an einer oder maximal zwei Händen abzählen. Mein erster Auftrag war für einen Kerl, der gern Fotos für seine Social Media Kanäle haben wollte. Ich sagte ihm damals, dass ich nur ein iPhone 7 zum Arbeiten hätte. Er wollte trotzdem mit mir arbeiten. Wenn ich diese Fotos heute sehe, finde ich sie grässlich. Dann dokumentierte ich ein Konzert für die Band 'Offspring'. Im Frühjahr 2020 wurde ich dann von einer Fortune 50 Firma, genauer einem Social Media Netzwerk, das wir alle nutzen, gebucht um Portraits von Menschen in Mexico zu shooten, natürlich ganz ohne Lifestyle-Charakter. Ich dachte auch immer, dass ein Street Fotograf nie für große Firmen arbeiten kann. Aber es gibt einen Markt dafür und auch reichlich Kreative, die diese Jobs haben wollen. Ein Beispiel ist William Klein. Wenigstens einen Namen den ich fallen lassen kann. Ein Street Fotograf der sich nicht für Fashion interessierte, aber dennoch von Chanel gebucht wurde. Und das hat funktioniert. Ein liebenswert wirkender Typ und erstklassige Fotos. Mach' Deine Arbeit mit Leidenschaft, dann kommst Du überall hin."

compagnon: Die Möglichkeit solche Jobs zu bekommen ist also nicht Dein persönliches Ziel, aber jemand wie William Klein ist es gelungen. Wie hebt man sich als Street Fotograf hervor? Ist es einfach die Passion für das Genre? Oder der individuelle Style, den man ohnehin nicht erlernen kann, sondern auf dessen Ausprägung man hoffen muss? Was denkst Du?

Frederik Trovatten: "Es ist eine verbreitete, fälschliche Annahme, dass Fotografen für Street Photography nicht gebucht werden. Der große Firmen-Auftrag, von dem ich eben erzählt habe, ist ein gutes Beispiel. Sie wollten einen bestimmten, echten Street Photography Look für ihre Kampagne. Das Shooting dauerte drei Tage, Erfahrung mit etwas Vergleichbarem hatte ich nicht und ich bekam ca. 20.000 USD als Gage für drei Tage. Natürlich gibt es solche Jobs nicht so oft. Aber heute sticht man hervor in dem man sichtbar ist. William Klein war sichtbar. Wenn er heute noch leben würde, wäre er sicher sehr populär auf Social Media. Wegen seiner Persönlichkeit und wegen seines Könnens. Wenn Du dich bemühst wirklich sichtbar zu sein, kannst Du auch interessante Jobs bekommen. Mein persönliches Ziel ist es eben, mir selbst ein Gehalt zahlen zu können ohne überhaupt Jobs dieser Art zu machen. Ich möchte meine Kamera nur für Projekte nutzen, die spannend für mich sind."

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compagnon: Viel mehr kreative Freiheit kann man nicht bekommen als auf eine solche Art. Ändern sich die Dinge, für die Du Deine Kamera anschalten möchtest, gelegentlich auch mal? Wenn Du Dir Deine Arbeit aussuchen kannst, bedeutet das aber auch, dass Du neue Herausforderungen oder Horizonte selbst für Dich finden musst. Hast Du bereits Pläne oder anstehende Herausforderungen für die Zukunft?

Frederik Trovatten: "Wofür ich meine Kamera hauptsächlich nutze hat sich in den drei Jahren bereits reichlich verändert, denke ich. Ich erwarte heute einfach viel mehr von mir selbst als noch vor zwei Jahren. Ich konzentriere mich auf Street Photography aber möchte auch mehr dokumentarisch arbeiten. Einfach unterwegs sein und bedeutsame Zwecke finden, die dokumentiert werden sollten. Und eine zusätzliche Begleitung dabei haben, die das Dokumentieren filmisch dokumentiert. Besonders für Youtube. Und Herausforderungen waren noch nie ein Problem, darin war ich tatsächlich von Tag eins an wirklich gut. Immer selbst mein schärfster Kritiker zu sein und mich selbst damit anzutreiben."

compagnon: Hast Du schon spezielle Themen im Hinterkopf, welche Du gern dokumentarisch betrachten wollen würdest?

Frederik Trovatten: "Da ist noch nichts wirklich in Stein gemeißelt aber es gibt ein Projekt, in das ich mich wirklich gern mal hineinwagen möchte: Ich würde es "Neighborhoods" (Nachbarschaften) oder so ähnlich nennen. Ich besuche unterschiedliche Gegenden und Nachbarschaften von verschiedenen Ländern und Städten und fotografiere die Menschen dort. Das müssen nicht besonders tolle Menschen sein aber sie sollten auf ihre Art bemerkenswert sein und eine interessante Art haben, ihr Leben zu bestreiten. Ich würde dann jeweils gern eine Woche dort mit diesen Menschen leben und alles dokumentieren. Etwas in dieser Art."

compagnon: Das klingt stark aber auch nicht einfach umzusetzen. Natürlich ist ein gewisser Reiseaufwand dabei nennenswert. Du hast ja schon in mehreren Ländern gelebt. Was ist Dir beim Reisen, gerade für kreative Arbeit, besonders wichtig? Bei Deinem Trip ins verregnete Dänemark hattest Du ja den Element backpack dabei. Hat er Deine Erwartungen erfüllt?

Frederik Trovatten: "Seit ich in Mexico lebe und mit der Fotografie begonnen habe, bin ich eher wenig gereist. Vielleicht mal in eine andere Stadt aber sonst eher selten. Ich habe den Eindruck viele Fotografen würden alle 12 Monate in ein neues Umfeld umziehen wollen um wieder frische visuelle Stimulation zu bekommen. Ich verlasse mich nicht auf soetwas aber ich freue mich wieder mehr zu reisen, wenn sich die Lage auf der Welt endlich wieder normalisiert. Was den Element backpack angeht, ich finde ihn absolut fantastisch. Ich mache keine Reviews über Kamerataschen oder ähnliches aber als ich den Element backpack bekommen habe fand ich ihn sofort super cool. Der compagnon für meine Mom traf auch voll ins Schwarze. Sie sagte mir es sei die schönste Tasche, die sie je gesehen hat. Und sie hat wirklich hohe Ansprüche bei so etwas. *lacht* Der Element backpack wird in Zukunft ständig mit mir unterwegs sein, gerade beim Reisen ist es toll, alles an einem Ort zu wissen. Ihr werdet mich noch oft mit ihm sehen."

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compagnon: Das können wir kaum erwarten! Danke Frederik, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Bleib' gesund, vor allem dieser Tage, und weiterhin viel Erfolg in der Street Photography und für Deine anstehenden Ideen. Wenn Ihr noch mehr von Frederik sehen wollt, schaut auf seinem Youtube Kanal und auf trovatten.com vorbei.

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